12.10.10

Die Aufregung um Google

Google ist böse! Die machen mit euren Daten öffentlich das, was wir mit euren Daten hinter verschlossenen Türen machen! Sie werden verkauft und für sonstige Dinge genutzt. Google ist ein böser Internetkonzern der (bösen) Privatwirtschaft(!), der Staat weiss viel besser, was er mit euren Daten machen soll (und an wen er sie verkaufen soll).


Google ist ja mittlerweile Frau Aigners "Ar...och im Wandschrank" (Volker Pispers - Bis neulich) und das eines jeden Pressesprechers der Öffentlich-Rechtlichen.

Google StreetView? Ohmigosh! Öffentlicher Raum wird abfotografiert. Da müssen wir sofort einschreiten. Geht ja nicht, dass unser Vertragspartner Microsoft mit Bing Googles StreetView unterliegt.
Google StreetView-Autos scannen W-Lan Netze? OHMIGOSH! Datenschutz! Datenschutz! Rechtswidrig, wenn öffentlich einsehbare Daten verwertet werden [1].
Google News? Angriff auf den deutschen "Qualitäts"journalismus. (*hust*)
Google-TV? Angriff auf die "unabhängigen" Öffentlich-Rechtlichen.

Und nun wirft Frau Aigner Google mangelnde Transparenz vor. Das hat mich zum Lachen gebracht.
Eine Politikerin der deutschen Bundesregierung wirft einem Konzern der Privatwirtschaft mangelnde Transparenz vor. Wo bleibt die Transparenz von der Bundesregierung gegenüber den Bürgern? Was ist mit den biometrischen Ausweisen (Reisepass und elektronischer Personalausweis)? Wie ist es vereinbar, auf der einen Seite von der Privatwirtschaft immer mehr Datenschutz zu verlangen, wenn auf der anderen Seite immer mehr und mehr Daten über den Bürger über unsichere Gerätschaften übertragen oder auf zentralen Systemen abgelegt werden, deren Sicherheitsstrukturen von Hobbyhackern umgangen werden können?
Frau Windkraftwerk Aigner sollte sich erst einmal um die Probleme kümmern, die von den großdeutschen IT-Projekten ausgehen, bevor sie die Privatwirtschaft angeht.

Mir ist der ach so böse Konzern Google lieber, wenn es um die Weiterverwendung meiner Daten geht als ein Amt oder eine öffentliche Einrichtung.
Bei Google weiss man, was sie damit machen. Maximale Gewinnausschöpfung, denn im Endeffekt gibt jeder Cent, den Google irgendwo verdient, der "Netzgemeinde" (brrrrr) etwas zurück, da damit Entwickler bezahlt werden, die die Dienste verbessern. (Ja, klingt naiv, ich weiss, dass Eric Schmidt, Sergei Brin, Larry Page und all die anderen höher gestellten Googleaner ihre Ferraris und Porsche fahren wollen und das Geld kostet :x)
Auf der anderen Seite weiss man nicht, wer wieviel Daten besitzt, wenn diese auf Ämtern und in öffentlichen Einrichtungen "ins System" eingetragen und irgendwo auf einem (zentralen) Server gespeichert werden.

Die ganze Diskussion (in der Politik und in der Wirtschaft) um Google zeigt eines:
Wir (die restliche Wirtschaft und Politik) sind zu unfähig, etwas Ähnliches auf die Beine zu stellen, also versuchen wir, einen Konzern zu diskreditieren, der zustande bringt, was ein Großteil des (zumeist) jüngeren Teils der Gesellschaft will. (Und wir können nicht akzeptieren, dass sich die Gesellschaft wandelt!)

Aber, zurück zum eigentlichen Thema Google:
In den letzten achtzehn Monaten hat sich die Nutzung meines Google-Accounts (den ich seit ungefähr 5 Jahren besitze) von reinem GMail auf Google Groups, Feedburner, Blogger, Google Talk (dank des XMPP-Protokolls) und Youtube ausgeweitet, dazu kommen noch ein Samsung Galaxy S I9000, das bekanntlich Android als Betriebssystem hat, und Google Chrome als Browser.
Hab ichs bereut? Nein.
Chrome hat Firefox abgelöst, die Installation neuer Erweiterungen ist weitaus besser gelöst, die Speichernutzung ist besser geregelt und er ist nicht so verdammt lahm, wenn ein paar Plugins aktiviert sind.
Google Groups ist als Alternative zur Forennutzung sehr gut und man benötigt auch keine tausend Foren-Accounts mit jeweils einem eigenen Passwort oder muss sich an drölfzig verschiedenen Mailing-Listen anmelden, sondern es reicht eine eMail-Adresse für eine große Anzahl an Themengebieten.

Auf die eine oder andere Weise nutzt ein Großteil der Google-Gegner, die im Netz rumschwirren, auch die Produkte des Konzerns. Und seien es nur die Suchergebnisse über einen Wrapper.

"Oh, Chrome? Das ist doch von diesem großen, bösen Internetriesen!" wurde mir letztens gesagt. Und das brachte mich wahrlich zum Lachen. "Böse." In Zeiten von Facebook, in denen jede(r) dort angemeldete Daten preisgibt, die er/sie auf der Straße nicht in der Form weitergeben würde, ist Google eines der letzten Unternehmen, das böse ist.
Wissen die Gegner vielleicht etwas? Hat Google mittlerweile schon Rechenzentren auf der Venus gebaut? Oder bereitet Google einen Erstschlag gegen den Rest der Welt vor? Oder, oder, oder?
Was ist im Vergleich mit Microsoft? Das ist ein Konzern, der mehr Einfluss auf Bildungseinrichtungen und staatliche Stellen hat als Google (dank den Verträgen). Ist Microsoft nicht böser als Google, da sie den Unis ihre proprietären Anwendungen aufzwängen?
Sollten die Google-Gegner sich nicht eher damit beschäftigen, was für einen Mist sie eigentlich auf ihren Rechnern, Laptops und Handys/Smartphones am Laufen haben und auf deren Betriebssystem ungefähr 99% der Malware abzielt? (Beachtet: Ich spreche hier nur von den Windowsnutzenden Google-Gegnern. Die GNU/Linuxnutzenden Google-Gegner fühlen sich allesamt viel zu elitär und sind noch weitaus schlimmer. ~~)

Aber es ist ja auch ein Phänomen mittlerweile. Der-/Diejenige, der/die am lautesten schreit, fühlt sich natürlich total im Recht (auch wenn ihm/ihr höchstens recht eine gehört :x).
Wenn schon in der deutschen Politik soviel Hetze gegen einen einzelnen Konzern gemacht, die dann von den "Qualitäts-"Medien weitergetragen wird, dann ist der "dumme" 08/15-Bürger geneigt, den Medien und damit der Politik zu folgen als sich selber ein Bild zu machen.
Ist ja auch leichter, einfach die Meinungen von anderen anzunehmen, als sich eine eigene zu bilden. Für letzteres muss man ja lesen können, nicht wahr.


[1] Ich bin jetzt kein Rechtsexperte, aber für mich als Laien ist es schwer verständlich, dass da ein Rechtsbruch vorliegt, wenn öffentlich einsehbare Daten abgefangen werden. Aber dann haben wir ein sehr idiotisches pardon hintertürbeinhaltendes Rechtssystem, da kann man ja so einiges reinlesen. ~~